Irische Steinsuppe
Da sie im Moment nichts zu tun hatte, bat Mrs. O´Henry den Alten herein.
Er holte aus seiner Tasche einen großen, flachen, weißen Stein und zeigte ihn ihr. Sie war sehr enttäuscht, denn sie konnte nichts Besonderes an dem Stein feststellen. Der alte Mann bemerkte ihte Enttäuschung und erklärte ihr schmunzelnd: „Meine Liebe, das ist nicht etwa ein gewöhnlicher weißer Kieselstein, sondern sie sehen hier den einmaligen, außergewöhnlichen Suppenstein. Mit ihm kann man die besten Suppen der welt kochen. Mir gibt ihn nur in einen großen Topf mit Wasser, und nach einiger Zeit kann man die Suppe genießen. Soll ich es Ihnen einmal vorführen?"
Da Mrs. O´Henry noch nicht wußte, was sie an diesem Tag ihrer Familie mittags servieren sollte, stimmte sie der Vorführung zu. Sie holte ihren großen Suppentopf, gab reichlich Wasser hinein, und der alte Mann ließ den Suppenstein in das Wasser gleiten. Nachdem sie den Topf auf den Herd gestellt hatte, meinte er, daß die Suppe noch hervorragender würde, wenn sie noch ein paar Zutaten in den Topf gäbe.
Eifrig eilte Mrs. O´Henry hin und her und gab nach den Vorschlägen des Alten noch ein Stück Rindfleisch, etwas frisches Gemüse aus dem Garten und etliche Gewürze dazu.
Nach kurzer Zeit roch es wunderbar im ganzen Haus nach Rindfleischsuppe. Sie konnte es kaum erwarten, bis die Suppe fertig war. Den Alten lud sie natürlich zum Essen ein.
Allen schmeckte es hervorragend, man lobte die gute Köchin.
Nach dem Essen spülte sie das Geschirr und ganz besonders den Suppenstein. Traurig hielt sie ihn eine Zeitlang in der Hand und gab ihn dann dem alten Mann zuück.
Der aber hatte sie genau betrachtet und schenkte ihr den Stein. Sie dürfe aber niemanden davon erzählen, sonst verliere er sein Kraft.
Strahlend versteckte sie ihn im Küchenschrank und gab dem alten Mann ein paar Geldstücke, die er nach langem zögern doch einsteckte.
Lächelnd machte er sich auf den Weg, beide Hände in den Taschen. Mit der einen fühlte er das Geld, mit der anderen glatte, flache Kieselsteine.
In der Ferne sah er schon das nächste Dorf, und plötzlich fiel ihm ein, daß er schon lange keine Hühnersuppe mehr zu Abend gegessen hatte...